Jerusalem-Weg

Jakobusfreunde Paderborn informieren übers Pilgern

Unser Jerusalemweg

Birgit Reichwein

Dienstag, 26.04.2022 – Nazareth, Zippori und Cana

Nach den diversen Hindernissen der gestrigen Anreise waren wir erst gegen 24 Uhr in unserem Hotel. Aber beim Frühstück sind wir doch wieder einigermaßen fit und auch vollzählig, denn Pfarrer Ludger und Schwester Ruth sind nun ebenfalls eingetroffen.

So geht es nach dem Frühstück auf unsere erste Entdeckungsreise in Israel. Unter Michaels kundiger Führung schauen wir uns zuerst die orthodoxe Gabrielskirche an und anschließend die moderne katholische Verkündigungskirche. Eindrucksvoll sind die vielen Mariendarstellungen, die als Geschenke der verschiedenen Nationen an der Mauer um die Verkündigungskirche angeordnet sind. Michael erweist sich als außerordentlich bibelfest und gibt gute Informationen und immer gibt es Zeit zur persönlichen Betrachtung – der Verkündigungsgrotte, der modernen Kirche darüber und insgesamt. Wir starten mit einer Messe, die Pfarrer Ludger in der Josefskirche nebenan hält.

Dann geht es durch die Hitze in den Gassen steil aufwärts, wo unser Bus mit Chavi, dem besten aller Busfahrer, wartet und uns zu den Ausgrabungen von Zippori bringt. Auf dem Weg dorthin steigen wir vorher hinab in ein Aquädukt der Römer, wo uns Michael mit seinem Flötenspiel bei wunderbarer Akustik verzaubert. Bezaubernd lächelt uns dann die „Mona Lisa von Zippori“ aus den dort ausgegrabenen Mosaiken an.

Auf einem schattigen Rastplatz erwartet uns schließlich Chavi mit einem tollen Imbiss aus Fladenbrot, Hummus, viel Gemüserohkost, Käse und Wurst, anschließend gibt es noch einen von Michael ganz frisch gekochten Pfefferminztee. Solchermaßen gestärkt geht es mit dem Bus nach Cana, wo wir als Impuls die Lesung zum ersten Wunder Jesu, der Verwandlung von Wasser in Wein bei der Hochzeit zu Cana hören und Michael besonders die Rolle der Maria dabei hervorhebt. Der Hauptverkaufsschlager dort ist der „Cana Wedding Wine“ – aber er wird gleich als Wein geliefert und muss nicht erst verwandelt werden …

Da wir aufgrund der unerwartet heftigen Hitze nach Cana gefahren waren, statt zu laufen, beschert Michael uns zum Ausklang noch ein Highlight: wir fahren auf den Mount Precipice, von wo wir einen fantastischen Ausblick auf Nazareth sowie den Berg Tabor, eines unserer nächsten Ziele, genießen und bei angenehm auffrischendem Wind abwärts laufen, wo unser Bus darauf wartet, uns ins Hotel zurückzubringen.

 

Mittwoch, 27.04.2022 – Durch das Taubental und bis zum See Genezareth

Wir starten früh und müssen uns von unserer Villa Nazareth schon wieder verabschieden. Die Koffer werden im Bus verstaut und es geht ins Taubental, wo wir mit Blick auf die beiden Hügel „Hörner von Hittin“ unsere Wanderung starten. Zunächst ist der Weg einfach nur schön und die Temperaturen noch angenehm. Dann kommen größere Pfützen, die wir zu Beginn noch über Steine balancierend überqueren können.

 

Gestützt auf diverse Trekking-Stöcke und zahlreiche helfende Hände funktioniert das ganz gut. Aber dann werden die Pfützen mehr zu kleineren Tümpeln und dann auch zu größeren. Michael sagt, es hat dieses Frühjahr so viel geregnet, dass der Weg vor zwei Wochen noch unpassierbar war, aber er hat ihn nochmal getestet und da ging es. Nur haben sich inzwischen diverse kleinere Wasserläufe zusammengetan und fließen als teilweise überknöcheltiefer Bach auf dem Weg. Da es rechts und links entweder sumpfig ist oder dichte Macchia, gibt es nur einen Weg – den durch das Wasser. Also Schuhe aus und über die Schulter und auf geht es, sicher mehr als 1 km durch das Wasser, über kleine und große Steine und es wird recht abenteuerlich. Dabei ist der Weg wirklich schön, aber über die Steine laufend hat man das Gefühl, erst mal für alle Sünden der letzten Zeit zu büßen. So sind wir denn auch ein bisschen erleichtert, als wir in der Ferne ein Minarett sehen, das ein Ende unseres Weges anzeigt. Es hat etwas länger gedauert als erwartet und nach der Anstrengung stürzen sich alle auf den Imbiss, mit dem Chavi uns wieder erwartet. Auch Pfefferminztee gibt es wieder.

 

Nach einem kurzen Abstecher zu den Ausgrabungen von Capharnaum und einer weiteren Lesung hierzu geht es in unsere Unterkunft für die nächsten zwei Tage, in den Kibbuz Ginnosar, einer der schönsten am See Genezareth mit eigenem Seezugang. In hübschen kleinen Bungalows untergebracht können wir uns von den Strapazen erholen, bis wir den Tag bei einem ausgezeichneten Buffet ausklingen lassen können.

Die am ersten Abend durch die späte Ankunft ausgefallene Kennenlern-Runde holen wir hier nun nach. Jeder erzählt, wie er zu dieser Reise gekommen ist und ob man schon Pilgererfahrung hat. Immer wieder hervorgehoben wird, wie schön es heute unterwegs war, dass an schwierigen Stellen immer wieder helfende Hände entgegen gestreckt wurden und man schnell das Gefühl bekam, sich aufeinander verlassen und einlassen zu können.

Donnerstag, 28.04.2022 – Tabgha und See Genezareth

 

Das Frühstück im Ginnosar ist ebenso üppig und vielseitig wie das Abendessen. Solchermaßen fantastisch gestärkt geht es mit dem Bus zu den Kirchen von Tabgha, dem Ort der wunderbaren Brot- und Fischvermehrung. Direkt am See ist eine Stelle für Messen vorgesehen, wo auch wir unsere Messe heute feiern dürfen, mit einem herrlichen Blick über den See und in wunderbarer Ruhe. Heute gibt es das mit diesem Ort verbundene Wunder nicht in Form einer Lesung. – „Einer seiner Jünger, Andreas, der Bruder des Simon Petrus, sagte zu [JESUS]: Hier ist ein kleiner Junge, der hat fünf Gerstenbrote und zwei Fische; doch was ist das für so viele!“ – so heißt es im Johannesevangelium. Schwester Ruth schlüpft in die Rolle des kleinen Jungen und schildert mitreißend seine Sicht, wie aus dem Wenigen Speisung für so viele Menschen wird. Eine wirklich besondere Messe.

 

 

Weiter geht es für uns zum Berg der Seligpreisungen mit einer sehr modernen Kirche und danach in die orthodoxe Kirche mit ihren typischen Ikonen und überwältigendem Schmuck. Krönender und sehr entspannter Abschluss des Tages ist eine Bootsfahrt über den See Genezareth. In der Ferne sehen wir die Felsen, an denen wir am Ende des Taubentals gestern vorbeigelaufen sind und jenseits des Sees die Golanhöhen, ein Name, der mit Krieg und Kampf verbunden ist. „Von dort wurde so oft auf die Siedler geschossen, dass nichts anderes übrigblieb als sie zu erobern“ sieht Michael das pragmatisch.

Freitag, 29.04.2022 – Berg Tabor und Taufstelle am Jordan

Es soll heiß werden und wir starten sehr früh. Schon kurz vor 6 Uhr sollen alle mit gepackten Koffern am Bus sein, Frühstück gibt es um die Zeit nur zum Mitnehmen in kleinen Paketen. Sehr schade.

Heute geht es auf den Berg Tabor, den Berg der Verklärung und am Fuße des Berges hören wir zuerst die Lesung dazu. Noch ein Moment der Stille, dann geht es los – und es geht richtig los! Im gefühlten 45° Winkel geht es immer nur aufwärts und eine Pause muss sein, ehe wir das Kirchenareal auf dem Gipfel erreichen.

 

 

 

 

Nach einem kurzen Besuch der recht vollen Verklärungskirche übermannt uns dann aber alle der Hunger und da innerhalb des Kirchenareals essen verboten ist, setzen wir uns davor auf die Mauer und verzehren erstmal unsere Frühstückspakete. Über die Straße geht es dann etwas einfacher abwärts, wo wir wieder auf unseren Bus treffen.

 

Dieser bringt uns anschließend zur Quasr-Al-Jahud, der „Judenfurt“, der Legende nach der Ort, an dem Jesus von Johannes getauft wurde. Auch heute wird hier getauft, eine Gruppe nimmt dort Taufen mit vollständigem Untertauchen vor. Wir hören die entsprechende Lesung von Pfarrer Ludger, bei der mit Jordanwasser auch unsere Taufe erneuert wird.

 

 

Samstag, 30.04.2022 –Sonnenaufgang in der Wüste und durch das Wadi Qelt

Heute geht es noch früher los! Um 5 Uhr ist Treffpunkt und es geht direkt zu Fuß los in die Wüste. Irgendwo kommt der Einwand, die Wüste habe man sich anders vorgestellt. Wer schon einmal eine Wüstentour gemacht hat, weiß, dass es sehr unterschiedliche Arten von Wüste gibt, Sandwüste, Felswüste, Steinwüste…. Hier ist es mehr die Fels- und Steinwüste, also keine Sanddünen. Wir gehen ganz ohne Licht los, der helle Boden und was der Himmel an Licht bietet reichen und es ist spannend, wie sich die Konturen langsam immer deutlicher abzeichnen. Über die alte Zuckerstraße ziehen wir bergauf und auf dem Gipfelplateau der höchsten Erhebung angekommen setzen wir uns erstmal mit unseren Frühstückspaketen hin. Leider ist es heute diesig und der Blick auf das Tote Meer in der Ferne ist uns nicht vergönnt, aber der Blick in die Weite der Wüste ist dennoch schön und beeindruckend.

Weiter geht es Richtung Nabi Musa, dem Grabmal des Mose oder wie Michael uns sagt, einem davon, denn es gibt mehrere Orte, die das für sich behaupten. Rings um die umgebende Moschee, die leider geschlossen ist, sind unzählige Gräber zu sehen, sehr alte und schon völlig verfallene, ebenso wie neuere Steinsärge. Viele Menschen wollen hier in der Nähe von Moses begraben werden.

Hier holt uns auch der Bus wieder ab und bringt uns nochmal nach Jericho, wo wir mit Blick auf die Ausgrabungsstätte des Palastes von Herodes dem Großen unseren Weg durch das Wadi Qelt beginnen. Dieser Weg führt uns nun schon in Richtung Jerusalem. Schattenlos und sehr heiß ist er, oben, wo wir heute gehen, sehen wir nur das gelb der Wüste, aber ganz unten ist es sehr grün, dort ist ganz offensichtlich Wasser. Es ist immer wieder faszinierend, wie in der Wüste jeder Tropfen Wasser sofort Leben hervorbringt! Michael bittet uns, in großen Abständen zu laufen, der Weg ist ohnehin sehr schmal und an einer Seite geht es hinab. Wir sollen so unsere Umgebung besser wahrnehmen, ohne Ablenkung durch Gespräche. Das kennen wir gut von unseren Pilgerwegen. Auch dort merkt man immer, dass man viel mehr wahrnimmt, wenn man allein unterwegs ist. Am Ende geht es nochmal steil bergauf, wo unser wunderbar klimatisierter Bus mit dem wie immer fröhlich lächelnden Chavi wartet, der uns zu einem weiteren Highlight des Tages bringt – ein Bad im Toten Meer!

Dort überrascht uns zunächst der sehr weite Weg vom Eingang, wo es Pools, laute Musik, Bars und Geschäfte gibt, bis zum eigentlichen Toten Meer. Michael rät uns, auch mal die Massage mit dem schwarzen Schlamm zu probieren und in der Tat ist die Haut anschließend wunderbar weich und fühlt sich sehr gut an. Und es ist angenehm entspannend, solcherart wie schwebend im Wasser zu liegen, nach den Anstrengungen des Weges.

Bei einem Glas Rotwein lassen wir den Tag in gemütlicher Runde ausklingen und bereiten uns vor auf den morgigen Härtetest …

Sonntag, 01.05.2022 – Wadi Qelt und Jerusalem!

Michael hat uns gestern Abend noch eindringlich geschildert, was uns erwartet: noch mehr Wasser als im Taubental, schmale Bergpfade und ausgesetzte Stellen mit Klettereisen! Dennoch möchte niemand stattdessen mit dem Bus fahren, alle wollen dabei sein.

Und es wird eine rechte Abenteuertour! Michael hat diesen Weg schon mit einer anderen Gruppe gemacht – im Schnitt 30-40 Jahre jünger … Der Weg entpuppt sich als Klettersteig – ok, nicht der anspruchsvollste aus den Augen eines erfahrenen Bergwanderers, aber es ist ein Klettersteig. Immer wieder müssen schmale Stege, Auf- und Abstiege mithilfe von in den Fels eingelassenen eisernen Krampen überwunden werden.

 

Es gilt zwar jeweils nur wenige Höhenmeter zu überwinden, aber manch einer muss sich sehr überwinden, um sich umzudrehen und ohne zu sehen, wohin man tritt, abwärts nach den Krampen zu tasten. Darüber hinaus gibt es wieder etliche Stellen zu durchwaten oder über Steine balancierend zu überwinden.

Aber zum Glück bleibt es bei kleineren Ausrutschern und Blessuren und alle sind am Ende stolz auf die unglaubliche Leistung, auch wenn wir länger brauchen als vorgesehen. Aber schließlich erreichen wir doch am Ausgang des Wadi wieder unseren Bus und freuen uns heute ganz besonders, Chavi wieder zu sehen, der uns nun die letzten Kilometer nach Jerusalem bringt. Dort steigen wir aus am Mount Skopus, vorbei an der Universität, queren den Ölberg, wo Michael uns noch alte Grabstellen wie zu Jesu Zeiten zeigt und erreichen schließlich durch das Löwentor die Via Dolorosa, der wir – an unserer Unterkunft in Jerusalem erst einmal vorbei – folgen bis zur Grabeskirche, unserem Ziel für heute.

 

Einige sind deutlich von ihren Gefühlen überwältigt, als sie dann vor dem Fels von Golgatha stehen, in der Grabeskapelle.

 

Hier muss jeder erst mal mit sich selbst zurechtkommen, ehe wir langsam den Rückweg über die Via Dolorosa zum Ecce Homo Guest House antreten. Hier gibt es für uns einen verspäteten Imbiss, nach dem wir alle erschöpft und glücklich ins Bett fallen.

 

 

 

Montag, 02.05.2022 –Jerusalem

 

Die Nacht ist kurz. Gestern endete der Ramadan und heute ist großes Fest der muslimischen Bevölkerung. Um 4 Uhr fängt der Muezzin ganz in der Nähe an, eine Sommerzeit scheint der nicht zu kennen. Als er endet, setzt auch woanders Gesang ein und so setzen sich die Gesänge immer weiter fort und an Schlaf ist nicht mehr zu denken. OK, wir haben selbst einen Slot für eine Messe in der Grabeskirche, um 6.30 Uhr, einen anderen gab es nicht, sagt Ludger. Dann ist es so und natürlich wollen alle dabei sein. Als wir das Ecce Homo verlassen und die Via Dolorosa hinabgehen, erfasst uns der Strom der Muslime, die vom Damaskus Tor zum Tempelbezirk strömen und wir haben unsere Mühe, diesen Strom wieder zu verlassen und auf die weitere Via Dolorosa abzubiegen. Zweien von uns ist es tatsächlich nicht gelungen, wie wir später erfahren und sie werden quasi bis vor den Tempelbezirk „geschwemmt“, wo die Polizei sie stoppt – Zutritt nur für Muslime und das sind sie ganz offensichtlich nicht. Alle anderen finden sich pünktlich zur Messe ein und es ist wirklich sehr besonders, hier an der Kreuzigungsstelle die Eucharistie zu feiern. Anschließend geht es zurück zum Frühstück, hungrig sind wir jetzt.

 

Nach dem Frühstück bleibt noch freie Zeit bis zum Treffpunkt mit Michael, diesmal am Jaffa Tor, das wir so auch kennenlernen. Er führt uns zu vielen Sehenswürdigkeiten der Altstadt – das jüdische Viertel und das Zion Tor, in dem viele Löcher von Einschüssen zeugen, Davids Grab, der Raum des letzten Abendmahls. Immer wieder gibt Michael auch Erklärungen zur Struktur der Altstadt und Orientierungspunkte wie der Turm der deutschen Kirche, der gestaltet ist nach dem Bild von Kaiser Wilhelm – Pickelhaube, Fenster als Augen und darunter ein Steinmuster wie ein Kaiser-Wilhelm-Bart.

 

Dieser Turm ist wirklich fast von überall zu sehen. Nach einem kurzen Mittagessen geht es dann in die Orthodoxe Jakobuskirche, ein Highlight für Jakobuspilger, da dort der Legende nach das Haupt des Jakobus verehrt wird – in Santiago liegt ja nur der kopflose Rest des Leichnams. Wir dürfen hier der orthodoxen Messe beiwohnen und die Bedingungen sind sehr streng. Zum Glück sind alle passend gekleidet, aber bei Frauen führt schon das Übereinanderschlagen der Beine fast zum Rauswurf!

Danach geht es zur Besichtigung des ‚West Walls‘, der alten Westmauer des Tempelberges, und wir lernen, dass wir nicht ‚Klagemauer‘ sagen sollen, aus ähnlichen Gründen wie heute ‚Zigeunerschnitzel‘ verpönt ist. Die Juden klagen dort nicht, sie äußern Bitten oder auch Dank. Der Zugang ist für Frauen und Männer getrennt und die Schlangen davor lang.

Aber schließlich geht es zurück zum Hotel, wo wir den Tag bei einem Glas auf der tollen Terrasse mit Aussicht über den Tempelbezirk und die ganze Altstadt ausklingen lassen.

Dienstag, 03.05.2022 –Jerusalem

Heute ist eine Fahrt nach Palästina geplant und zum Abschluss die Geburtskirche in Bethlehem, da ist der Kreis rund.

Leider kann ich davon nicht berichten, ich habe das Gefühl, ich möchte mehr von Jerusalem und wie als Camino Pilger gewohnt in meinem eigenen Tempo. Also sage ich Heino Bescheid, dass ich nicht mitfahre, was ok ist. Stattdessen schaue ich mir alle die Dinge an, die wir gestern aufgrund der Kürze der Zeit auslassen mussten: den Garten Gethsemane und die Grotte, das Grab der Maria (ebenfalls eine orthodoxe Kirche, wo ich als einziger Besucher einer Messe beiwohnen darf), oberhalb des Gartens den Ort ‚Dominus Flevit‘, wo Jesus schon den damaligen Zustand Jerusalems beweint haben soll und von wo man eine fantastische Aussicht auf die gesamte Altstadt genießen kann, mit dem zugemauerten ‚Goldenen Tor‘ durch das Jesus Einzuge gehalten hat in Jerusalem. Vorbei an weiten Gräberfeldern – viele wollen hier am Ort des erwarteten Jüngsten Gerichts die Auferstehung erleben – und den Säulen des Absalom geht es zum Dungtor ins arabische Viertel, nochmals ins jüdische Viertel und kreuz und quer durch die Altstadt. Und ich erkenne, wie gut Michaels Erläuterungen zu deren Struktur waren, ich weiß eigentlich immer, wo ich bin, trotz des Gassengewirrs. Nochmal hinaus durch das Damaskustor – hier ist es deutlich voller, viel Abfall liegt herum. Über die Äußeren Grünanlagen zurück zum Jaffator, wo ich endlich den Aufgang auf die Mauer finde und über diese, mit schöner Aussicht auch auf die neue Stadt Jerusalem, zurück zum Löwentor komme.

Mich fasziniert die kulturelle und religiöse Vielfalt, man sieht Muslime und streng orthodoxe Juden mit den seitlichen Locken und langen schwarzen Mänteln, in all der Hitze. Michael hat schon ausführlich erklärt, dass nicht nur die Trennung der großen Religionen hier belasten, Muslime, Juden, Christen, armenische Christen, etc., sondern auch die Spaltung innerhalb der einzelnen Gruppen wie modern aufgeschlossene Juden und unterschiedliche Gruppen der streng orthodoxen, diverse Richtungen innerhalb der muslimischen Gruppe wie auch innerhalb des christlichen Glaubens. Aber irgendwie kommt hier alles zusammen, alle monotheistischen Religionen sind vertreten und man hat das Gefühl, wenn wir es endlich schaffen, die inneren Mauern zu überwinden und unseren gemeinsamen Ursprung eines einzigen Schöpfers zu erkennen, könnte diese Welt eine so viel friedvollere sein. Vielleicht gelingt das irgendwann in ferner Zukunft grade hier?

Als die anderen von ihrer Fahrt zurückkommen, sind auch sie alle zufrieden mit den Ansichten und Erkenntnissen des Tages und eine Teilnehmerin erzählt, dass besonders der palästinensische Guide sowie der Besuch eines Heimes für Behinderte (https://www.lifegate-reha.org/kontakt/) ihre Sicht auf Palästina sehr verändert habe.

Mit einer schönen Runde schließen wir den Abend und die Reise ab, bedanken uns bei Heino und Berna für die tolle Betreuung, bei Ludger für Impulse und Messen, die er jeweils aufwändig vorbereitet hat, bei Ruth für deren Begleitung und bei Christof für seine Hilfe als Sanitäter bei allen kleineren Unfällen der unerwartet anspruchsvollen Wege. Bei Chavi und Michael werden wir uns am nächsten Tag noch bedanken, sie begleiten uns zum Flughafen.

Mittwoch, 04.05.2022 –Jerusalem

 

Der Bus steht mit Gepäck für uns am Vormittag bereit und wir machen uns recht frühzeitig auf den Weg zum internationalen Flughafen Ben Gurion in Tel Aviv. Lieber Stunden zu früh da sein, denn wie hatte Michael uns erklärt? Eines der drei größten Probleme Israels ist ständig und überall Stau. In der Tat haben wir unterwegs einen solchen, bleiben aber alle entspannt, wir sind früh genug.

 

 

Am Airport ist es gar nicht so einfach zum Check-In zu kommen! Zunächst müssen wir schon dafür durch diverse Kontrollen. Michael wird stellvertretend für die Gruppe streng befragt, wo wir waren, was wir gemacht haben, was wir gesehen und wo wir übernachtet haben. Er hat uns vorher ermahnt, immer die Wahrheit zu sagen! Und als ganz zum Schluss die Frage kommt, ob die ganze Gruppe immer zusammen war oder auch mal einer allein unterwegs, gibt er wahrheitsgemäß an, dass ich am letzten Tag allein in Jerusalem geblieben bin und dann muss ich allein ins Kreuzverhör. Ein Bekannter, der sich gut auskennt, sagt mir später, man habe schon beim Eintreffen der Gruppe genau über alles Bescheid gewusst, die Überwachung und auch Gesichtserkennung sei überall gegenwärtig. Ich werde gefragt, warum ich allein in Jerusalem geblieben bin. „Weil ich für mich das Gefühl hatte, ich möchte mehr von Jerusalem sehen.“  Habe ich jemanden getroffen, kenne ich Personen in Jerusalem, habe ich mit jemandem gesprochen etc. Als ich alles guten Gewissens verneinen kann, dürfen wir zur nächsten Kontrolle vorrücken. Jeder einzelne wird befragt, ob wir unser Gepäck allein gepackt haben, jemand uns etwas mitgegeben hat, das Gepäck unbeaufsichtigt war, etc. und nur auf die Frage, ob wir etwas geschenkt bekommen haben, erlaube ich mir die Antwort, „nein, ich musste alles bezahlen“. Aber der junge Mann ist lockerer als die Polizistin im ersten ‚Verhör‘ und kann sogar darüber lachen.

Schließlich dürfen wir zum Check-In weitergehen, die Koffer abgeben und weiter zum Security Bereich. Vorher verabschieden wir uns noch von Michael, der uns viel Interessantes mitgegeben hat und uns mit seiner stoischen Ruhe auch durch brenzlige Situationen besonders auf dem herausfordernden letzten Wegstück sicher hindurchgeführt hat.

Und dann ist sie zu Ende, diese Reise, auf die wir alle seit Monaten hin gefiebert hatten. Wird die Reise möglich sein? Wird Corona es zulassen? Werden wir alle es schaffen, bis dahin gesund zu bleiben? – Und dann ist sie endgültig vorbei, wir sitzen alle im Flieger nach Hause, glücklich und voller neuer Eindrücke. Ich für meinen Teil bin sicher, ich muss da nochmal hin ….