Pilgerweg Rom 2024 – Der 6. Abschnitt von Padua nach Bologna
Maria Diedrich
Auf meinem Pilgerweg nach Rom hatte ich im September 2023 Padua erreicht. Wegen einer Verletzung der Achillessehne musste ich leider die letzten 3. Etappen mit dem Zug zurücklegen. Daher war ich sehr vorsichtig und hatte für dieses Frühjahr nur eine relativ kurze Strecke von ca. 155 km in 8 Etappen durch die Po-Ebene von Padua nach Bologna geplant. Die Pilgerstrecke war eingerahmt in einen 2tägigen Besuch von Venedig und eine 6tägige Assisi-Reise mit den Franziskanerinnen aus Salzkotten.
Am 14.04. fuhr ich komfortabel und pünktlich bei herrlichem Wetter mit dem ICE von Paderborn nach München und gönnte mir dort einen Bummel durch die Altstadt. Am 15.04. ging es weniger komfortabel weiter nach Venedig, es regnete, der Zug fuhr ab München Ost statt vom Hbf, der Wagen mit meinem reservierten Platz fehlte. Aber ich kam fast pünktlich bei Sonnenschein in Venedig an und war gleich fasziniert von dem Blick vom Bahnhofsvorplatz über den Kanal auf die Lagunenstadt. Für 2 Tage genoss ich die einmalige Stadt, besichtigte die üblichen Touristenattraktionen und ließ mich staunend, bewundernd, aber auch kopfschüttelnd treiben. Am späten Nachmittag, als ein Unwetter aufzog, und abends las ich im Buch ‚Die Tochter des Dogen‘ – Historischer Roman, aus der Online-Ausleihe auf meinem Handy. Faszinierend! Nachdem ich Dogenpalast, Markusplatz und Kirche besichtigt hatte, konnte ich mir das Geschehen wunderbar vorstellen.
Am 17.04. fuhr ich abends nach Padua und wechselte mental von der Touristin zur Pilgerin. Nach der Übernachtung im Casa Del Pellegrino besuchte ich die Antonius-Kathedrale (Foto 0), ehe ich zu meinem Pilgerweg auf dem Antonius-Weg aufbrach. Ich überquerte den markanten von großen Figuren gesäumten ovalen Platz und lief dann gut 2 km an einer Ausfallstraße entlang aus der Stadt heraus (Foto 1), ehe ich den Canale Battaglia erreichte, dem ich die gesamte weitere Strecke bis Battaglia Terme folgen musste. Leicht zu laufen, aber auch wenig abwechslungsreich. Landwirtschaftliche Höfe und Weinbauern begleiteten mich auf der kanalabgewandten Seite. Dahinter sah ich in der Ferne die Euganeischen Hügel, über denen sich dunkle Wolken auftürmten. Es stürmte und bald kamen dunkle Wolken von allen Seiten, aber wie ein Wunder regnete es rundum, aber nicht bei mir. So erreichte ich am Nachmittag nach gut 16 km erschöpft, wie immer bei der ersten Etappe, aber trocken und wohlbehalten mein erstes B & B einen Kilometer außerhalb von Battaglia Terme, wo ich freundlich aufgenommen wurde.
Die nächste Etappe führte mich weitere 7 km schnurgerade am Canale Battaglia entlang mit Blick auf den Burghügel von Monselice. Dort führt die Via del Santuario vorbei an einem Castello aus dem 13. Jh. hinauf auf den Burghügel. Auf die Kirche der hl. Giustina (13. Jh.) folgt ein Weg mit 7 kleinen Kapellen, die nach den Pilgerkirchen Roms benannt sind, zur kleinen Kirche San Giorgio mit Reliquien von 30 Märtyrern. Papst Paul V. gewährte per Dekret von 1605 einen Ablass, gleichgestellt mit dem Besuch der Pilgerkirchen Roms. Auch wenn ich von dem Ablasshandel der damaligen Zeit nichts halte, so interessierte mich die Anlage schon und ich stieg mit meinem schweren Rucksack den Hügel hinauf. Enttäuscht stellte ich fest, dass der Weg direkt an den Kapellen entlang wegen Bauarbeiten gesperrt war, und ich die Kapellen nur von der etwas unterhalb verlaufenden gepflasterten Straße aus sehen konnte. (Foto 2) Oben angekommen, besuchte ich die Kirche, sah mir die prachtvolle Villa Duodo an und genoss vom Amphitheater aus den tollen Ausblick auf den Ort und in die Po-Ebene. ( Foto 3) Nach dem Abstieg besuchte ich den Dom der Stadt, eine riesige moderne Kirche mit beeindruckendem Lichteinfall durch die bunten, hohen Glasfenster, vor allem bei tiefstehender Sonne. Weil es am Weg keine Unterkünfte in der für mich passenden Entfernung gab, musste ich den Antonius-Weg nun verlassen und auf Solesino zulaufen. Ein kleiner Ort und viele einzelnstehende Häuser – tolle, gepflegte Villen, aber auch recht verfallene Gebäude säumten meinen Weg. Am frühen Nachmittag erreichte ich Solesino. Obwohl es nur 17,5 km waren, war mir das Laufen ab mittags recht schwergefallen und ich hoffte auf ein schnelles Ende der Einlaufphase.
Die 3. Etappe sollte mich in ca. 17 km nach Rovigo führen, etwa nach der halben Strecke sollte ich den Antonius-Weg wieder erreichen. Nach dem Besuch der Kirche mit dem enorm hohen Turm (Foto 4) machte ich mich mit Hilfe der Wander-App auf den Weg. Heute gab es unterwegs nichts Interessantes zu besichtigen. Die ersten 5 km liefen problemlos, aber dann verhinderte ein kleiner, aber unüberwindbarer Kanal das Weiterlaufen in die richtige Richtung. Also ging es 400 m wieder zurück und an der anderen Kanalseite weiter, wo ich zum Glück über einen Hof laufend wieder eine kleine Straße erreichte. Nach weiteren 3 km war die Brücke über den breiten Kanal, an dem ich nun entlanggelaufen war, gesperrt und ich musste ca. 1,2 km wieder zurücklaufen, wo ich über eine Straßenbrücke die andere Kanalseite erreichen konnte, an der zum Glück auch ein Weg entlangführte. Dann war der Antonius-Weg wieder erreicht. Ich lief 3 km auf einem schnurgeraden Weg auf die Etsch zu, dann ein Stück auf dem Etschkanal und erreichte nach weiteren 3 km die schöne Stadt Rovigo. Nach anfangs schönem Wetter hatte sich der Himmel am Nachmittag zugezogen. Als ich die Unterkunft erreicht hatte, gab es einen heftigen Regenschauer. Am späten Nachmittag ließ der Regen nach und ich konnte doch noch einen Rundgang durch die wunderschöne Stadt mit Ihren tollen Plätzen und Kirchen machen (Foto 5), aber ich habe viel gefroren, draußen wie drinnen. Normaler Weise ist es hier wärmer in dieser Zeit, daher werden die Häuser nicht mehr beheizt.
Die 4. Etappe sollte mich über gut 20 km von Rovigo nach Polesella führen. Die Sonne schien und es kam mir erheblich wärmer und angenehmer vor. Eine ganze Weile lief ich an einem Seitenarm der Etsch entlang, passierte Saint Apollinare und überquerte den Canalbianco, lief ein Stück daran entlang um dann ca. 5 km auf einer schnurgeraden Straße auf den Po zuzulaufen. Es hatte sich zugezogen und der Himmel vor mir sah sehr bedrohlich aus. (Foto 6) Zügig lief ich auf dem Po-Damm entlang weiter nach Polesella. Hilfsbereite Nachbarn halfen mir die Vermieterin meines B & B herbeizurufen, so dass ich wieder einmal trocken angekommen war. Später setzte heftiger Regen ein, so dass ich es mir in meinem Zimmer gemütlich machte.
Für Mo. 22.04. war eine Strecke von gut 23 km nach Ferrara geplant und es war stürmisches Regenwetter angekündigt. Noch ehe ich die Po-Brücke erreichte, begann der Regen. Weil der Gehweg entlang der Brücke gesperrt war, musste ich auf der vielbefahrenen Straße den Autos entgegengehen. Ich war sehr froh, als ich die Brücke nach ca. 800 m endlich verlassen und zum Po-Damm heruntersteigen konnte. Für 13 km musste ich nun bei ca. 6 °C, stürmischem Wind und peitschendem Regen auf dem Damm entlanglaufen, mutterseelenallein und bald völlig durchgefroren. Auf diese Kälte war ich nicht eingestellt. Dann geschah etwas wunderschönes, ein radfahrendes Paar, das mich überholt hatte, kehrte zurück und die Frau schenkte mir einen Schokoriegel als Trost für das schlechte Wetter. Im kurzen Gespräch erfuhr ich, dass ihr Fernziel auch Rom war und dass sie heute bis Bologna fahren wollten. Diese mitfühlende Geste hat mich sehr berührt und wieder aufgemuntert. Nach ca. 3 Stunden erreichte ich endlich den Abzweig vom Damm nach Francolino (Foto 7). Ich lief durch den langgezogenen Ort und entdeckte zum Glück eine geöffnete Bar, in der ich mich bei einem heißen Tee aufwärmen konnte. Aber sobald ich wieder draußen war, erfassten mich Kälte, Wind und Regen wieder und nach 17 km gab ich auf. Ich hatte eine Bushaltestelle erreicht, von der ich mit dem Bus nach Ferrara fahren konnte. Der nette Busfahrer erklärte mir, wo ich am besten ausstieg und in welche Richtung ich dann gehen musste. Beim Durchqueren der Altstadt gewann ich einen ersten Eindruck von der schönen Stadt und besorgte mir Prospekte für meinen morgigen Besichtigungstag.
Am Dienstag hatte sich das Wetter zunächst beruhigt, aber es war weiter deutlich unter 10 °C. Ich lief ins Zentrum, schaute mir die zwei beeindruckenden Palazzos des Hauses Este (Foto 8) an und besuchte die prachtvolle Kathedrale San Giorgio, die leider außen wie innen teilweise eingerüstet war. Dann lief ich hinaus zu dem riesigen Friedhof, der so ganz anders war, als unsere Friedhöfe. Nachmittags besuchte ich die Escher-Ausstellung im Palazzo dei Diamanti, von der ich zufällig im Vorfeld gelesen hatte. Ich war fasziniert von den Werken und hatte Spaß an der Mitmachstation, wo ich mich durch ein Selfie in ein Escherbild projizieren konnte (Foto 9). Leider begann es danach wieder zu regnen und der gemütliche Bummel durch die Altstadtgassen fiel aus.
Die 6. Etappe begann wieder im Regen und führte mich ca. 5 km an einer vielbefahrenen Straße hinaus aus Ferrara. Weil es den Weg der App nicht gab, musste ich dann ca. 1 km wieder zurück um einem anderen Weg zu folgen. Eine Weile später stand ich vor einer Brücke über die Autobahn, die gesperrt war. (Foto 10) Erst war ich ratlos, dann sah ich niedergetretenen Rasen neben der Sperrbarke und traute mir die Brücke zu überqueren. Zum Glück klappte es und ich traf in San Martino wieder auf Schilder des Antonius-Weges. Während der nächsten gut 6 km hörte es immer wieder auf zu regnen und fing kurz darauf wieder an. Nachdem ich in Gallo in einer Bar eingekehrt war, blieb es wirklich trocken. Den netten kleinen Ort Malalbergo erreichte ich tatsächlich bei Sonnenschein. Zu meinem B & B lief ich noch 2 km weiter auf einem schönen Wanderweg an einem Kanal entlang. Ich wurde erwartet, musste nicht erst telefonieren und erhielt ein warmes, helles Zimmer. Wie schön!
Am 25.04. lagen gut 23 km nach Lovoleto vor mir. Bei bedecktem Himmel lief ich an mehreren Kanälen (Foto 11) entlang zu einem Vogelschutzgebiet, dass auf einem früheren Reisanbaugebiet entstanden war. Ich konnte die Vögel hören, aber durch hohe Hecken zwischen Teichen und Wegen leider nicht beobachten. Ein Wiesenweg führte mich weiter in den netten kleinen Ort Bentivoglio. Wegen des heutigen Nationalfeiertages waren Geschäfte und viele Lokale geschlossen, aber ich hatte Glück und fand eine Osteria, wo ich einkehren konnte. Für die restlichen gut 6 km musste ich den Antonius-Weg wieder verlassen, weil ich am Weg keine Unterkunft gefunden hatte. Dieses Mal lief alles prima. Ohne Hindernisse und bei Sonnenschein erreichte ich mein B & B in Lovoleto, wo ich freundlich begrüßt wurde und die Verständigung mit Händen und Füßen wunderbar klappte.
Für die letzte Etappe nach Bologna war es nicht sinnvoll zur Route des Antonius-Weges zurückzukehren. Zunächst lief ich auf einem schönen Weg an einem Flüsschen entlang. Als die Vororte von Bologna erreicht waren, ging es auf Straßen weniger angenehm weiter. Nach gut 14 km erreichte ich das Campus-Hotel in Bologna. Leider konnte ich erst nach 14 Uhr aufs Zimmer. Nachdem ich mich eingerichtet hatte, stellte ich fest, dass das Licht nicht funktionierte. Eine Reparatur gelang nicht und ich musste noch einmal umziehen. Alles hatte so lange gedauert, dass ich den geplanten Besuch der Basilika mit dem Bus oder zu Fuß im 2,5 km entfernten Zentrum von Bologna aufgeben musste. Schade, das Ankommen hatte ich mir anders vorgestellt.
Meine Besichtigung von Bologna am Samstag begann bei Nieselregen. Vom Bahnhof aus lief ich zur Via dell’Indipendenza, einer Prachtstraße mit Arkadenhäusern, wo der Nieselregen wenig störte. Viele Menschen tummelten sich hier am Samstag. Ich schlenderte über einen riesigen Markt und erreichte die zwei zentralen Plätze, die von imposanten Palazzos (Foto 12) und der Basilika San Petronio gesäumt werden. Da die Basilika wie auch die anderen Kirchen über Mittag geschlossen waren, ließ ich mich durch die Gassen der Innenstadt treiben und entdeckte die 2 hohen Türme, die Wahrzeichen Bolognas (Foto13), und immer neue lauschige Plätze unter den Arkaden. Nachmittags besichtigte ich mehrere der Innenstadtkirchen: die auf das 8. Jh. zurückgehenden Basilika San Stefano mit ihren vielen Anbauten, die Basilika San Petronio (Foto 14) mit ihren riesigen Ausmaßen, 22 Seitenkapellen und unvollendeter Fassade und die Basilika San Domenico mit der Grabstätte des Heiligen, in der man auch den Kirchenschatz besichtigen konnte. Im Hinblick auf meine kommenden Tage in Assisi lief ich als letztes zur Basilika San Francisco, die mich ebenfalls beeindruckte. Weil anschließend heftiger Regen einsetzte, nahm ich den nächsten Bus zurück zum Hotel.
Am Sonntag fuhr ich gegen Mittag mit dem Zug nach Assisi, das ich unter der fachkundigen Leitung der Franziskanerinnen aus Salzkotten in den nächsten Tagen auf sehr beeindruckende Weise kennenlernen durfte.
Fazit:
Das Durchqueren der Po-Ebene stellt keine großen physischen Ansprüche. Teils läuft man an Kanälen entlang, teils auf Straßen. Einige kilometerlange schnurgerade Strecken sind recht ermüdend. Die Ebene ist von Kanälen durchzogen, so dass man sich, wie im Buch empfohlen, an die Strecke halten sollte, um nicht umkehren zu müssen. Allerdings gibt es stellenweise kaum Unterkünfte nahe am Weg (zumindest bezahlbare), so dass ein Abweichen nicht zu umgehen ist. Die sehenswerten Orte bieten eine schöne Abwechslung zu dem eher eintönigen Weg und ich bin froh, dass ich Besichtigungszeiten eingeplant hatte. Auf die Kennzeichnung des Weges kann man sich nicht durchgehend verlassen und ich fühlte mich mit meiner Wander-App erheblich sicherer. Von Kennern der Region wurden mir Schwüle und Mücken für den April prophezeit, ich hingegen hatte kaltes, regnerisches Wetter und habe viel gefroren, vor allem in den Unterkünften, weil nur wenige Zimmer beheizt waren.
Nun ist die Po-Ebene durchlaufen und ich stehe im nächsten Jahr vor der schwierigen Entscheidung, welchen Weg ich mir durch das Apennin-Gebirge zutrauen kann.