Pilgerziel Rom – Der vierte Abschnitt
Im Spätsommer zog es mich weiter nach Rom, geplant war die Strecke von Augsburg bis Brixen vom 29.08. bis 17.09.22. Das Buch „Via Romea“ aus dem Ostfalia Verlag begleitete mich bis Mittenwald, zwei Etappen nach Innsbruck hatte ich mit der Wander-App selbst geplant und ab dort konnte ich dem Buch von Ferdinand Treml „Der Pilgerweg nach Rom“ folgen. In der bayrischen Urlaubsregion war die Unterkunftssuche schwierig, hier waren länger verweilende Gäste erwünscht. Am Ende war alles geplant und ich freute mich sehr auf diesen Abschnitt, der mich in die Alpenregion führte, die ich aus Urlauben in meiner Kindheit und Jugend kannte.
Die Anreise versetzte mir dann aber gleich einen heftigen Dämpfer. Der Zug nach Kassel-Wilhelmhöhe kam mit 50 Min. Verspätung und fuhr auf der Strecke weitere Verspätung ein. Der ICE nach Augsburg war längst weg. Am Ende musste ich einen Zug über München nehmen und statt 13:30 Uhr kam ich endlich um 15:45 Uhr in Augsburg an. Für die geplante Besichtigung des Goldenen Saals im Rathaus war es zu spät. So bummelte ich durchs Zentrum langsam in Richtung Hotel, besuchte noch einmal die Barfüßer-Kirche, deren Schlichtheit mich im Frühjahr sehr beeindruckt hatte, und die Jakobi-Kirche, die gleich neben meiner Unterkunft lag. Etwas genervt von der abenteuerlichen Anreise, aber auch froh am Ende gut angekommen zu sein, ließ ich den Tag ruhig ausklingen und freute ich mich auf den morgigen Pilgerstart.
Zum Einlaufen hatte ich kurze Etappen geplant. Weil der im Buch angegebene Weg bis Königsbrunn nur entlang der Straße verlief, hatte ich mit Hilfe der Wander-App einen Weg durch den etwas weiter östlich verlaufenden Augsburger Stadtwald geplant. So konnte ich eine schöne 14,5 km lange Pilgeretappe weitgehend durch den Wald genießen. Der Ort Königsbrunn hat wenig Interessantes zu bieten, aber Café und Schokolaterie Müller muss man sich unbedingt ansehen. Von außen ähnelt es einem Hundertwasser-Gebäude (Foto 1) und innen finden sich Schokoladen- und Pralinenauslagen in einer Vielfalt, wie ich es noch nicht gesehen hatte.
Auf der 2. Etappe über 16 km nach Untermeitingen wollte ich der Originalroute folgen. An der Straße entlangpilgernd empfand ich den Verkehrslärm schnell als sehr nervig. In Kleinaitingen wurde es dann völlig unerträglich, PKW-, LKW-, Motorrad-, Trecker-, Straßenbaumaschinen- und Presslufthammerlärm prasselten auf mich ein. Ich flüchtete auf einen Wiesenpfad am Feldrand entlang, nicht sehr komfortabel zu laufen, aber trotzdem eine Wohltat. In Graben besichtigte ich die wunderschöne Kirche. Dann flüchtete ich wieder ins Feld, wo mich ein kurzer Regenschauer überraschte. Bei der Pension in Untermeitingen angekommen, war meine Reservierung nicht verbucht, aber am Ende wurde ein freies Zimmer für mich gefunden. Später warf ich einen Blick in die Kirche. Das Schloss nebenan war nicht zu besichtigen und insgesamt wirkte der Ort wenig einladend. Aufgrund der heutigen Erfahrung plante ich abends die folgende Etappe komplett neu, eine so nervige Etappe wollte ich morgen nicht noch einmal erleben.
Die 3. Etappe führte mich nun über 17,5 km nach Landsberg am Lech. Im Nachbarort Klosterlechfeld besichtigte ich die prächtige Kirche des ehemaligen Klosters, in der ich sogar einen Pilgerstempel fand. Auf einer weinig befahrenen Straße erreichte ich ein Naturschutzgebiet. Ein schöner Waldweg führte mich zum Lech. Auf schmalen oft recht verwurzelten Pfaden mit herrlichen Ausblicken folgte ich dem Lech. (Foto 2) Interessiert schaute ich mir an einer Staustufe eine Fischtreppe an. Auf einem Fuß- und Radweg erreichte ich erst Kaufering und dann Landsberg am Lech. Später lief ich hinunter in die von einer Stadtmauer umgebene schöne Altstadt und besichtigte die Stadtpfarrkirche Maria Himmelfahrt, den dreieckigen Hauptplatz mit Schmalzturm, Rathaus und Marienbrunnen, das Hexenviertel, das ehemalige Ursulinenkloster, die Lechpromenade und die Salzstadeln. Bei einem Inder am Markt genoss ich ein sehr leckeres Hähnchencurry. Ein toller Pilgertag! Wie gut, dass ich neu geplant hatte!
Für die 4. Etappe hatte ich eine Strecke von knapp 18 km am Lech entlang geplant, weil es an der Originalroute keine Unterkünfte in passender Entfernung gegeben hätte. Ich folgte der Lechpromenade, lief durch einen Wildpark und durchquerte nach einer schönen Strecke entlang des Lechs zwei kleine Ortschaften. Weit oberhalb des Lechs ging es weiter, ehe ich auf einem sehr abenteuerlichen, teils matschigen Pfad über Stock und Stein wieder herunterstieg zum Lech und bis Mundraching daran entlanglief. Auf einem Fuß- und Radweg und später auf Feldwegen erreiche ich meine Unterkunft, die weit außerhalb von Leeder am Rand eines Gewerbegebietes lag. Es gab nichts Interessantes zu besichtigen, aber ein sehr leckeres Abendessen in netter Gesellschaft von einer Radlergruppe.
Die 5. Etappe sollte mich weitgehend auf der Originalroute über gut 20 km nach Schongau führen. Morgens goss es in Strömen, aber als ich losging, hörte es zum Glück auf zu regnen. Bald sah ich Denklingen vor mit liegen und dahinter …? Ich traute meinen Augen kaum, das waren doch keine Wolken, da deuteten sich kaum sichtbar die Gipfel der Alpen an. Welch schöne Überraschung? Hinter Denklingen folgte eine lange Strecke entlang der Bahnlinie, ehe ich zum Wald hinaufsteigen konnte. Der stark mit Moos bewachsene Boden war eine Augenweide. Beim Heraustreten aus dem Wald, sah ich die Alpen in der Entfernung deutlich liegen. (Foto 3) Von Schwabniederhofen führte mich ein Fuß- und Radweg nach Altenstadt, wo ich mir die romanischen Basilika St. Michael ansah. Auf der anderen Talseite sah ich schon bald Schongau liegen, das ich durch das Maxtor betrat. Später machte ich einen Rundgang durch den schönen komplett von einer Stadtmauer umgebenen denkmalgeschützten Ortskern. Ballenhaus, Rathaus und die Münzstraße mit ihren schönen Häusern, die Stadtpfarrkirche mit prächtiger Rokokoausstattung und einige Stadttore lagen an meinem Weg.
Die 6. Etappe sollte mich über 21 km nach Bad Bayersoien führen. Mit einem etwas mulmigen Gefühl brach ich auf, denn erst gestern Abend hatte ich im Buch gelesen, dass die für heute geplante Ammerschlucht schwierig, rutschig und sehr steil sein soll, so dass man allein für diese Strecke 3 Std. einplanen musste. Ich verließ die Altstadt von Schongau durch das Polizeidienertor und schon zeigten sich die ersten Probleme: die geplante Abkürzungsstrecke nach Peiting führte durch ein gesperrtes Industriegebiet. Große Umwege konnte ich mir heute aber gar nicht leisten, so lief ich auf dem Fuß- und Radweg neben der Straße hinauf nach Peiting. Beim Durchqueren des schönen Ortes warf ich einen kurzen Blick in die Kirche. Wenig später erreichte ich den Einstieg in die Ammerschlucht. Erst lief es sich wunderbar, aber dann führte ein schmaler, oft rutschiger Pfad steil auf und ab über Stock und Stein und abenteuerliche Stege und Treppen. (Foto 4) Ich war sehr froh meine Stöcke dabei zu haben und lief sehr vorsichtig um nicht umzuknicken oder abzurutschen. Ein kurzes Stück führte der Weg im Tal an der Ammer entlang, dann ging es auf einem sehr steilen Weg wieder hinauf. Durch Wiesen und Felder laufend erreichte ich Rottenbuch mit dem historisch bedeutenden Kloster. Ich besichtigte die ehemals romanische, heute im Rokokostil ausgestattete Klosterkirche und freute mich sehr, hier eine Jakobspilgerin zu treffen. Sieben Kilometer lagen noch vor mir. Erst ging es hinauf zur Käsealm Schönegg, wo zünftig gefeiert wurde. Ich genoss den Blick über die Hügel auf die Alpen, ehe ich steil wieder hinunterlief ins Ammertal. Nachdem ich mehrere kleine Orte durchquert hatte, erreichte ich Bad Bayersoien. Abends durfte ich mich im gut gefüllten Gasthaus zu einem Paar an den Tisch setzen – ein schöner, geselliger Ausklang des anstrengenden Tages.
Die 7. Etappe sollte mich über 16,5 km nach Oberammergau führen. Bis Altenau folgte ich einem zwar gekennzeichneten, aber recht abenteuerlichem Wanderweg. Er war stellenweise kaum erkennbar, sehr schmal, verwurzelt und steinig, manchmal fehlten Stege zum Überqueren der Bäche. Manche Gatter waren mit dem großen Rucksack kaum passierbar. Auf der Höhe konnte ich dann wunderbar laufen und den herrlichen Blick auf die Alpen genießen. Kurz hinter Altenau erreichte ich die Ammer. Ihr folgte ich nach Unterammergau, einem netten Ort mit einer schönen kleinen Kirche. Durch das Pulvermoos kam ich nach Oberammergau. Meine Besichtigungstour am späten Nachmittag führte mich zuerst zum Passionsspiel-Theater, wo ich mir die Ausstellung und einen kurzen, interessanten Film anschaute. Dann schlenderte ich wie viele andere Touristen durch den netten Ortskern und bewunderte die schönen Häuser mit Lüftlmalereien (Foto 5), in denen Cafés, Restaurants, Andenkenläden und vieles andere touristisch attraktive untergebracht ist. Bei dem schönen, warmen Wetter machte es mir Spaß, mich treiben zu lassen und draußen zu sitzen.
Die 8. Etappe führte mich über knapp 21 km nach Garmisch-Patenkirchen. Weitgehend an der Ammer entlanglaufend erreichte ich zunächst die bekannte Benediktiner-Abtei Kloster Ettal. (Foto 6) Ich besichtigte die berühmte barocke Klosterkirche und bekam im Museumsshop einen Pilgerstempel. Auf grob steinigem, steilem Weg folgte ich dem Gießenbach an Kreuzwegstationen vorbei hinunter nach Oberau. Nach der Ortsdurchquerung folgte ich der Loisach bis Farchant. Auf dem Philosophenweg nach Garmisch-Patenkirchen angekommen, überraschte mich ein sehr heftiger Regenschauer. Schnell flüchtete ich unter die ersten Bäume, um mich regenfest zu verpacken. Aber schon bald war der Spuk vorbei. Von der Höhe aus hatte ich einen tollen Blick auf Garmisch-Patenkirchen, musste aber noch lange laufen um meine Unterkunft zu erreichen. Ich bekam ein winziges Zimmer, aber mit tollem Blick auf das Alpenpanorama. Am folgenden Tag besichtigte ich den Ort. Im Ortsteil Garmisch gefiel mir ein älteres Stadtviertel mit der Kirche St. Martin recht gut, aber auch die Fußgängerzone bummelte ich entlang. In Partenkirchen beeindruckte mich der schöne alte Ortskern. (Foto 7)
Die 9. Etappe von ca. 19 km sollte mich nach Mittenwald bringen. Mit Cape und Schirm lief ich im Regen los. Auf einer kaum befahrenen schmalen Asphaltstraße ließ es sich bei dem Regen zunächst gut laufen. Aber dann musste ich viele Kilometer neben der lärmenden Bundesstraße pilgern. Ich war sehr froh, als ich diese hinter Klais endgültig verlassen konnte. Ein kurzes Stück einer alten Römerstraße (Foto 8) führte mich hinauf auf die Almwiesen. (Foto 9) Es regnete nicht mehr und ich konnte in wunderschöner Berglandschaft weiterpilgern, ehe es durch den Wald wieder hinunterging nach Mittenwald. Nur mein rechter Fuß machte mir Sorgen, seit mittags schmerzte er leicht beim Laufen. Beim Bummel durch das schöne Zentrum von Mittenwald besorgte ich mir Salbe und einen elastischen Wickel.
Die 10. Etappe führte mich über die Grenze nach Österreich gut 18 km bis Seefeld. Mein Fuß schmerzte zum Glück kaum noch, trotzdem hatte ich ihn eingerieben und gewickelt. Nahe der Isar lief ich auf einem leicht ansteigenden Wanderweg durch ein Latschenkiefern-Wäldchen nach Scharnitz – ein wunderschöner Weg, den ich aber leider bei stetigem Regen kaum genießen konnte. Ich durchquerte Scharnitz und erreichte den Fußweg an der Bahn entlang. Der zunächst fein geschotterte, stetig ansteigende Weg ging bald in einen schmalen Pfad über, der sich mit heftigen Auf- und Abstiegen am steilen Hang entlangschlängelte. Schließlich erreichte ich eine Forststraße, auf der sich die letzten Kilometer leicht laufen ließen. Auf Seefeld hatte mich sehr gefreut, weil ich als Kind in der Nähe mehrfach im Urlaub gewesen war. Aber bei dem trüben Himmel und dem immer wieder einsetzenden Regen sah der schöne Ort etwas trostlos aus. Später bummelte ich dann doch noch ein wenig durchs Zentrum und entdeckte auch die kleine Kapelle (Foto 10) an der Möserner Straße, an der ich als Kind so oft entlanggelaufen war.
Die 12. Etappe führte nach Innsbruck über 26 km mit 630 Höhenmetern im Abstieg. Die letzten Kilometer durch die Vororte von Innsbruck wollte ich mit dem Bus fahren. Ein wunderschöner Weg führte mich am Wildsee vorbei durch ein Moorgebiet nach Auland, leider wieder im Regen. Im Auf- und Ab ging es an der Straße entlang nach Reith und dann auf einem schönen Wiesenweg teils mit Blick ins Inntal hinab nach Leithen. Dort musste ich ein Stück der gefährlichen Hauptstraße folgen, ehe ich auf einen Wanderweg abbiegen konnte. Dieser führte mich steil bergab, sehr steinig und anstrengend zu laufen. Nach Überquerung der gefährlichen Straße folgte ein kurzes angenehmes Wegstück mit Waldboden. Dann wurde es sehr abenteuerlich, sehr steil und grob steinig, teilweise mit unklarer Wegführung. (Foto 11) Dabei handelte es sich tatsächlich um einen gekennzeichneten Wanderweg, der zur Burgruine Fragenstein führte. Ohne Stöcke wäre ich verloren gewesen und zum Glück hatte es auch längst aufgehört zu regnen. So kam ich kurz nach Mittag im Tal an. Nach wohlverdienter Pause durchquerte ich Zirl und schaute in die schöne Kirche. Weiter ging es auf dem Radweg am Inn entlang, leider meist sehr nah der Autobahn mit entsprechendem Lärm. Im Innsbrucker OT Kranebitter fand ich schnell eine Bushaltestelle und fuhr erst ein Stück mit dem Bus und dann mit der Straßenbahn mitten ins Zentrum von Innsbruck. Das Goldene Dachl glänzte in der Sonne und ich genoss das samstagnachmittägliche Treiben in der Stadt. In der Tourist-Info erhielt ich Stempel und Stadtplan, besorgte mir ein paar Lebensmittel und schlenderte die Maria-Theresien-Straße entlang zu meinem Hotel. Froh wieder eine schwierige Strecke gemeistert zu haben, freute ich mich auf meinen morgigen Besichtigungstag.
Leider regnete es am Sonntagmorgen wieder und ich startete mit dem Besuch eines Gottesdienstes in der Servitenkirche. Dann folgte ich einem Rundgang des Stadtplans, lief die prachtvolle Maria-Theresien-Straße entlang zum Goldenen Dachl und weiter zum Dom St. Jakob, der zu meiner Enttäuschung wegen Renovierungsarbeiten geschlossen war. Der weitere Rundgang führte mich am Landestheater vorbei zur Jesuitenkirche, zur Hofkirche und zur Hofburg, die ich mit großem Interesse besichtigte. Am Nachmittag folgte bei Sonnenschein ein Abstecher auf die andere Innseite (Foto 12) und dann bummelte ich mit vielen anderen Touristen durch das Altstadt-Viertel. Auch wenn mir genaue Kindheitserinnerungen an Innsbruck nicht mehr präsent waren, so kam mir doch vor Ort vieles bekannt vor.
Ab Innsbruck folgte ich nun dem Buch „Pilgerweg nach Rom“ und die 13. Etappe sollte mich zum Bildungshaus St. Michael, Pfons, führen. Da ich mir 21 km bei 930 m Anstieg und 350 m Abstieg mit schwerem Rucksack nicht zutraute, fuhr ich die ersten gut 5 km mit dem Bus aus Innsbruck heraus bis Igls. So waren es noch ca. 16 km und 500 m Aufstieg. Schnell war der Einstieg in den Wanderweg gefunden, die Sonne schien und ich genoss den herrlichen, leicht ansteigenden Wiesenweg mit toller Aussicht auf die Berge (Foto 13), aber auch auf die Europabrücke und die Brennerautobahn auf der anderen Talseite, die fast nur über Brücken und durch Tunnel führte. Ab Patsch folgte ich überwiegend kleinen Straßen und passierte im ständigen oft steilen Auf und Ab mehrere kleine Orte. Aus einem Waldgebiet heraus durchquerte ich wie im Buch beschrieben eine Wiese und erreichte das Bildungshaus, wo ich sehr freundlich empfangen wurde und den Tag gemütlich ausklingen ließ.
Die 14. Etappe hatte ich bis Gries am Brenner geplant, gut 15 km mit rund 500 Höhenmetern auf und ab. Bei sonnigem, aber zunächst recht kühlem Wetter startete ich auf einem Wanderweg nach St. Kathrein. Es folgten ein heftiger Abstieg und ein noch heftigerer Aufstieg. Vom anschließenden Höhenweg aus hatte ich einen tollen Ausblick auf die gegenüberliegenden Berge und auf Steinnach im Tal der Sill. Interessiert beobachtete ich, wie das Tal immer enger wurde. (Foto 14) Die Autobahn verlief hoch am gegenüberliegenden Hang, die Bahn verschwand im Tunnel. Ab Stafflach zeigte das Buch eine Route auf der anderen Talseite mit erheblichem An- und Abstieg, meine App zeigte einen kürzeren Weg auf meiner Talseite, dem ich folgen wollte. Nach längerer Suche fand ich den „Höhenweg nach Gries“, auch als „Wipptaler Wanderweg“ gekennzeichnet. Ein schmaler rutschiger Pfad führte an einem sehr steilen Hang in engen Serpentinen hinauf. Sehr konzentriert stieg ich auf, immer auf der Suche nach dem richtigen Weg, immer darauf bedacht nicht abzurutschen oder umzuknicken. Zum Glück gab es immer wieder Wegweiser, denn meine App zeigte den Weg völlig falsch an. Oben folgte ein schönes, leichter zu laufendes Wegstück, ehe es ebenso steil wieder hinunterging. Ein Wirtschaftsweg brachte mich nach Gries und die Hauptstraße entlanglaufend erreichte ich mein Hotel. Ich war sehr froh und dankbar, auch heute wieder heile angekommen zu sein.
Die 15. Etappe sollte über 22 km nach Sterzing führen und sah eher problemlos aus. Bei heftig entgegenpfeifendem Wind musste ich zunächst einige km an der Brennerstraße entlanglaufen. Anders als im Buch angegeben zeigte meine aus dem Internet übertragene Route dann einen Weg am Brennersee entlang und auch ein Schild wies hier tatsächlich auf die Via Romea hin. So folgte ich dem wunderschönen Weg durch den Wald abseits von Straße und Autolärm. Doch an einem Abzweig gab es den Weg der App nicht und ein etwas höher verlaufender endete im Gestrüpp, so dass ich wieder zurücklaufen musste. Parallel der Autobahn lief ich auf einem Schotterweg weiter, der bald vor einer Mauer endete. Nach ratlosem Suchen kraxelte ich die Böschung neben der Mauer hinauf und stieg über das Geländer um auf einen oberhalb liegenden Parkplatz zu gelangen. Am Ende hatte ich Glück, der Parkplatz führte zur Brennerstraße und ich konnte ihr auf dem Seitenstreifen in den Ort Brenner folgen. Nach einem Abstecher in die ansprechende, moderne Kirche Maria am Wege, erreichte ich einen auf einer alten Bahntrasse angelegten Fernradweg. Mit dem Lärm der Brennerbundesstraße, der Autobahn und dem pfeifenden Wind in den Ohren, folgte ich der bequem zu laufenden Trasse. Kurz vor Gossensaß konnte ich auf einen Wiesenweg abbiegen, der mich ins Tal und in den Ort führte. Ich schaute in die prächtige Kirche, ehe ich auf der anderen Talseite dem Radweg nach Oberried und Unterried folgte. Ein Fußweg entlang der Bahnlinie brachte mich schließlich nach Sterzing. Überrascht auf einen so schönen Ortskern zu treffen, lief ich staunend durch die Altstadtstraße zum Stadtplatz mit der gotischen Heilig-Geist-Kirche (erhaltene Fresken von 1402) und dem Zwölferturm (Foto 15) und weiter durch die Neustadt am Rathaus vorbei zu meinem Hotel.
Für die 16. und vorletzte Etappe hatte ich ca. 18,5 km bis Mittewald eingeplant. Zum Glück hörte der Regen heute pünktlich zum Start auf. Der Weg aus Sterzing heraus führte mich am Deutschordenshaus und an der Stadtpfarrkirche vorbei auf den Fernradweg. Ihm musste ich 6 km eingesperrt zwischen Autobahn und Fluss folgen. So war ich sehr froh, als ich bei Stilfes endlich in den Ort abbiegen konnte. Nach Besichtigung der Kirche lief ich auf dem Radweg am Hang entlang weiter auf und ab. Der Hang wurde steiler, das Tal immer enger (Foto 16) und mein Weg führte wieder herunter. Ich beobachtete gespannt, wie Radweg, Bahnlinie, Autobahn, Brennerstraße und Eisack ihren Weg durch die Enge finden und es an einzelnen Stellen sogar noch Platz für ein Kieswerk oder einen Gartenbaubetrieb gab. Ich passierte die Sachsenklemme (historische bedeutende Enge) und erreichte entlang der Bahnlinie laufend den kleinen Ort Mittewald, wo mein Hotel schnell gefunden war. Im Restaurant genoss ich am Abend eine frisch zubereitete Forelle.
Als ich am 16.09. zu meiner letzten ca. 15 km langen Etappe aufbrechen wollte, traf ich an der Hotelrezeption zu meiner Überraschung tatsächlich den ersten Mitpilger auf der Via Romea. Nach kurzem Gespräch verabschiedete ich mich mit der Bemerkung, dass er mich sicher bald einholen würde. Wieder musste ich mir das enge Tal mit den anderen Verkehrswegen teilen und ich freute mich immer, wenn sich der Abstand zur lärmenden Autobahn vergrößerte. Ich durchlief Franzensfeste und erreichte wenig später die Festung, von der ich leider nur wenig sehen konnte, weil ich weit oberhalb und jenseits von Bahn und Autobahn daran vorbeilief. Bei Varna konnte ich endlich den Radweg verlassen und durch Wein- und Obstplantagen ins Tal hinunterlaufen. (Foto 17) Gefühlt war ich in Südtirol angekommen. Schon von weitem sah ich das Kloster Neustift liegen. Dort nahm ich mir Zeit für die Besichtigung der imposanten Anlage und der berühmten Kirche. (Foto 18)
Auf dem Fußweg nach Brixen holte mich dann zu meiner großen Freude mein Mitpilger doch noch ein und wir liefen gemeinsam weiter. Ich erfuhr, dass er aus Steinach am Brenner kam, in Innsbruck gestartet war und noch bis weit hinter Padua laufen wollte. Beim Dom verabschiedeten wir uns, er wollte noch weiter bis Feldthurns, ich war an meinem Ziel angekommen. Nach kurzer Erfrischung im Hotel schlenderte ich ins Zentrum, verweilte im Dom und betrachtete die Fresken im Kreuzgang. Viele Gebäude, Straßen, Gassen und Plätze erkannte ich wieder und ich genoss das Gefühl meinen Pilgerweg an einem vertrauten Ort zu beenden.
Den 17.09. hatte ich für die Besichtigung von Brixen eingeplant. Weil ich im Hotel die BrixenCard erhalten hatte, mit der ich alle öffentlichen Verkehrsmittel Südtirols, einschließlich der Seilbahn, kostenlos nutzen durfte, hatte ich gestern Abend mit dem Gedanken gespielt, heute zur Plose hochzufahren und dort einen moderaten Rundweg zu laufen. Aber über Nacht hatte es sich stark abgekühlt und auf der Plose hatte es geschneit. Für solche Kälte war ich nicht ausgerüstet. Wieder auf dem Domplatz (Foto 19) angekommen, folgte ich der Orgelmusik in den Dom. Ich erfuhr, dass hier ein internationaler Orgelwettbewerb stattfand und abends sollte es ein Siegerkonzert geben. Welch eine schöne Überraschung! Beim Verlassen des Doms staunte ich über eine lange Schlange junger Leute mit Hüten auf dem Kopf, die den Domplatz überquerten. Es waren Studenten, die ihr Examen bestanden hatten und nun im Innenhof der Hofburg ihre Urkunden bekamen. Während ich die Hofburg besichtigte, machte es mir Spaß, immer wieder zu der Veranstaltung hinunter zu sehen. Nachmittags bummelte ich durch die Laubengassen auf der Suche nach kleinen Andenken und an der Eisdiele mit der längsten Schlange gönnte ich mir ein sehr leckeres Eis. Am Abend genoss ich das Orgelkonzert – ein krönender Abschluss meines Pilgerweges.Am Sonntag fuhr ich mit Zug und Bus weiter nach St. Martin im Passeiertal, wo ich eine Woche Wanderurlaub mit einer Gruppe des Kreissportbundes Paderborn verbrachte.