Pilgerbericht Elisabethpfad von Eisenach nach Marburg 2022

Jakobusfreunde Paderborn informieren übers Pilgern

Elisabethpfad von Eisenach nach Marburg 2022

Lothar Laurs

 

Von 2016 bis 2021 waren wir – nur unterbrochen von der Covid19-Pandemie – mit dem Freundeskreis der Jakobuspilger Paderborn auf dem Camino Frances unterwegs. Im letzten Jahr sind wir im Oktober mit der Hoffnung auseinander gegangen, uns vielleicht in Zukunft auf einem anderen Weg zu treffen, um wieder gemeinsam zu pilgern und Zeit zu verbringen.

Schon in diesem Jahr konnten wir diesen gemeinsamen Wunsch verwirklichen. Einige Ideen und Telefonate im Frühjahr mündeten in dem Vorschlag, den Elisabethpfad von Eisenach nach Marburg zu erwandern.

 

Anlässlich des 800. Geburtstags der hl. Elisabeth wurde im Juni 2007 der Elisabethpfad eingeweiht. Der knapp 200 km lange Weg beginnt im thüringischen Eisenach direkt an der Wartburg und führt von dort zur Elisabethkirche nach Marburg an der Lahn. Diese beiden Städte gelten als die wichtigsten Stationen im Leben Elisabeths, die als adlige Tochter des ungarischen Königs Andreas II. und Gertrud von Andechs früh ihr Leben kranken und hilfsbedürftigen Menschen gewidmet hatte. Sie identifizierte sich zunehmend mit den Idealen des Franz von Assisi und begab sich mit diesem gewollten Leben in Armut in einen Widerspruch zu ihren Verpflichtungen als Landgräfin nach ihrer Hochzeit mit Ludwig von Thüringen. Sie gründete in Gotha ein Hospital und versorgte während einer schweren Hungersnot im Winter 1225/1226 die leidende Bevölkerung mit Lebensmitteln und Kleidung. Als ihr Mann während eines Kreuzzugs starb, verlor sie alle Unterstützung und lebte völlig mittellos in Eisenach. 1231 starb Elisabeth von Thüringen im Alter von 24 Jahren. Bereits vier Jahre später sprach Papst Gregor IX. sie heilig.

Uli Kryn hat diese Pilgerwanderung, die vom 9.10. – 16.10.22 durchgeführt wurde, mit großem Aufwand vorbereitet. Es war schwierig, geeignete Unterkünfte für unsere Gruppe zu finden, die planerisch aus 16 Personen bestand und sich krankheitsbedingt kurzfristig auf 12 Personen verkleinert hat. Wir konnten, während wir unterwegs waren, feststellen, dass in der Tat in vielen Orten keine Übernachtungsmöglichkeit und keine Einkehrmöglichkeit vorhanden war.

Heinrich Spiegelmacher hatte frühzeitig während der Vorbereitung angeboten, einen Kleintransporter anzumieten, mit dem unser Gepäck transportiert werden konnte und wie sich dann herausstellte zusätzlich eine großzügige Versorgung von uns Pilgern mit Leckereien und Getränken sichergestellt wurde. Außerdem war er gerne und immer dann zur Stelle, wenn ihn aus unserer Mitte ein Hilferuf erreichte, ein Tagesabschnitt zu lang erschien oder ein Transport zu einem anderen Einstiegspunkt gewünscht wurde.

Beiden an dieser Stelle nochmals ein herzliches Dankeschön für die aufwendigen Vorbereitungen und den großartigen Einsatz.

 

Am Sonntag, 9.10.22 ist es dann so weit. Am frühen Nachmittag treffen wir uns in der Pension Am Storchenturm in Eisenach. Die Wiedersehensfreude ist groß. Nach vielen herzlichen Umarmungen und dem Beziehen unserer Übernachtungszimmer machen wir uns bei herrlichem Wetter auf den Weg zur Wartburg.

Danach folgen ein gemütlicher Umtrunk auf dem kleinen zentralen Marktplatz und am Abend ein opulentes Essen im Kartoffelhaus.

Nach einer ruhigen Nacht haben wir uns am Montag, 10.10.22, bereits um 7 Uhr vor der Pension verabredet. Die längste Etappe unserer Wanderung erwartet uns bereits am ersten Tag. Wir wollten 37 km zurücklegen, bevor wir das Tagesziel in Datterode erreichen. Es ist ein sonniger Tag, der uns auf den ersten 26 km durch das Gebiet der ehemaligen DDR begleitet, bevor wir dann in Ifta auf die ehemalige innerdeutsche Grenze treffen. Es erinnert auf diesen Wegabschnitten in den Orten eigentlich nichts an die ehemalige DDR. Von dem ehemaligen Todesstreifen an der Grenze ist heute kaum etwas zu erkennen, lediglich ein ehemaliger Wachturm erinnert noch an die menschenverachtende Grenze.

Obwohl die Versorgungsmöglichkeiten auf dem Elisabethpfad äußerst bescheiden sind, haben wir heute das Glück sowohl nach 17 km in Creuzburg als auch 8 km vor dem Tagesziel in Netra einkehren zu können. In Lüderbach treffen wir Heinrich, der erst heute mit dem Transporter zu uns stößt. Wir freuen uns sehr, ihn wiederzusehen. Erschöpft erreichen wir am späten Nachmittag unser Tagesziel und genießen zum ersten Mal auch die flüssige Sonderverpflegung, die Heinrich für uns organisiert hat. Wir sind heute in zwei äußerst gewöhnungsbedürftigen aber irgendwie auch urigen Häusern untergebracht. Nach einem gemeinsamen Essen in der örtlichen Pizzeria, die heute nur für uns geöffnet hat, sitzen wir noch gemütlich im Wohnraum eines unserer beiden Häuser zusammen.

 

Gewöhnungsbedürftig…                                                          … aber am Abend sehr gemütlich!

Mit einem hervorragenden Frühstück bei unserer Vermieterfamilie beginnt am Dienstag, 11.10.22, unser zweiter Wandertag, der uns über 25 km nach Reichenbach führen wird. Es wird ein sehr kräftezehrender Weg, auf dem viele Höhenmeter zu bewältigen sind. Wir können unterwegs nirgendwo einkehren, haben aber großes Glück, als wir spontan zu einem Kaffee in einen Garten eingeladen werden. Eine tolle Geste! Bei weiterhin schönem Wetter erreichen wir am Nachmittag das außerhalb von Reichenbach schön gelegene Haus der Jugend. Wir sind im Nebenhaus in zwei Schlafräumen mit Etagenbetten untergebracht. In einem gemütlichen Gemeinschaftsraum werden wir am Abend von einem Caterer mit einem sehr schmackhaften warmen Abendessen versorgt. Die Nacht verläuft ruhig, auch die Schnarcher haben ein Einsehen. Und so finden wir uns am nächsten Morgen alle beim gemeinsamen Frühstück im Haupthaus ein, bevor wir uns zum nächsten Tagesabschnitt treffen.

Heute am Mittwoch, 12.10.22, werden wir nach Melsungen unterwegs sein. Die 26 km lange Strecke wird uns bei wieder herrlichem Sonnenwetter über viele Kilometer durch sehr schöne Wälder führen. Zu Beginn wandern wir mit beeindruckender Weitsicht auf Reichenbach zu. Ca. 14 km führt uns der Weg bis Spangenberg. Wir kommen an zahlreichen künstlerischen Arbeiten vorbei, die aus ökologischen, natürlichen Materialien hergestellt sind. Sie sind Teil des Projektes Ars Natura, ein Kunstpfad der ca. 700 km entlang der Fernwanderwege X8 und X6 verläuft. In Spangenberg bewundern wir herrliche Fachwerkhäuser und stärken uns in einer Bäckerei. Weiter geht es Richtung Melsungen.

 

In Adelshausen verlassen wir den Elisabethpfad. Henry Danner hat in akribischer Kleinarbeit die Streckenverläufe aller Tagesabschnitte zu Papier gebracht und herausgefunden, dass ein Höhenweg uns landschaftlich schöner zum Tagesziel bringt.

 

In Melsungen sind wir auf zwei Etagen in einer großen komfortablen Wohnung über dem Balkanrestaurant untergebracht, in dem wir am Abend hervorragend essen. Heute sind noch Rosi Büttemeyer und Martina Spielberger-Deppe eingetroffen. Wir freuen uns, sie wiederzusehen und verbringen nach dem Essen noch einen gemütlichen Abend in unserer Wohnung.

Mit einem ausgezeichneten Frühstück im Hotel Sonnenhof beginnt am Donnerstag, 13.10.22, unser nächster Tagesabschnitt. Wir benutzen zuerst den Zug, der uns von Melsungen über einige Kilometer nach Malsfeld fährt. Hier erwartet uns der Elisabethpfad, der uns bis Homberg (Efze) begleitet. Über Dagobertshausen, Ostheim und Hombergshausen kommen wir zuletzt über einen steilen Anstieg zum Segelflugplatz Mosenberg. Dann ist es nicht mehr weit bis Homberg (Efze). Wir sind dankbar, dass wir hier eine Einkehrmöglichkeit finden. Schon um einiges früher hätten wir uns gerne gestärkt und wären für einen warmen Kaffee sehr dankbar gewesen, zumal uns die Sonne verlassen hat und es empfindlich kühl geworden ist. Wir verlassen nun den Elisabethpfad und werden bis zum Silbersee auf dem Jakobsweg unterwegs sein. Es ist das kürzere letzte Teilstück, auf dem uns allerdings auf den ersten Kilometern eine wenig schöne fast gefährliche Streckenführung dicht an einer stark befahrenen Straße erwartet. Ziemlich erschöpft erreichen wir nach 29 Kilometern unser Hotel am Silbersee. Wir können nicht alle hier schlafen. Deshalb geht es für einige noch 2 km weiter bis zum Hotel Hassia in Frielendorf. Hier werden wir allerdings alle am Abend mit einem wirklich ausgezeichneten Abendessen verwöhnt.

Auch das Frühstück am 14.10.22 im Hotel Hassia lässt keine Wünsche offen. Der Hotelier Herr Wilhelm hat uns zum Frühstück sogar im Hotel Silbersee abgeholt. Es ist regnerisches Wetter. Wir werden 20 km bis Ziegenhain unterwegs sein. Heute wird uns Klaus Dyroff verlassen, der wegen einer wichtigen Familienfeier früher abreisen muss. Ihm sitzt die Abfahrtszeit seines Zuges in Treysa im Nacken. Als wir den Abzweig auf den eigentlich geplanten kürzeren Jakobsweg verpasst haben, entschließt er sich, das Tempo zu erhöhen und alleine weiterzugehen. Deshalb war es ein plötzlicher Abschied von der Gruppe, den er in einer späteren Nachricht sehr bedauert hat. Er ist rechtzeitig in Ziegenhain eingetroffen und wurde von Heinrich dann nach Treysa gefahren.

Wir erreichen Ziegenhain später, genießen Kaffee und leckeren Kuchen und machen uns auf den Weg zum Citymotel Ziegenhain. Wie fast an jedem Tag hat Heinrich bereits den Check-In und die Zimmerbelegung vorbereitet und uns die erforderlichen Infos zukommen lassen. Uns erwartet ein neues Motel mit sehr schönen Zimmern. Am Nachmittag hat Claus Weichlein uns eingeladen. Wir stoßen mit ihm auf seinen Geburtstag an, den er gestern erleben durfte und werden dabei mit leckerem Wein und Knabbereien verwöhnt.

Morgen werden uns Heinrich und der Transporter zum letzten Mal begleiten.

Beide waren uns wichtige und treue Begleiter!

Sehr früh treffen wir uns nach einer erholsamen Nacht am Samstag, 15.10.22, vor unserem Motel. 28 sich lang hinziehende Kilometer wollen heute erwandert werden. Unser Ziel wird Stadtallendorf sein. Von dort werden wir am späten Nachmittag mit dem Zug bis Marburg fahren, da eine Beschaffung von Unterkünften sich hier als zu schwierig dargestellt hat. Es war eine gute Entscheidung in Ziegenhain noch ausgiebig zu frühstücken, da während des gesamten Tages keine Einkehrmöglichkeit gefunden wurde. Zu Beginn konnten wir noch viele schöne Eindrücke beim Verlassen von Ziegenhain, vom abwechslungsreichen Weg nach Treysa und von Treysa selber genießen. Im weiteren Verlauf haben sich fast alle mehr oder weniger schwergetan. Wir haben uns gegenseitig ermuntert und waren froh, als wir schließlich in Stadtallendorf ankamen. Nun ja, solche Tage gibt es. Das gehört zu einer Pilgerwanderung mit dazu und jeder von uns hat ähnliche Erlebnisse sicher auch während unseres mehrjährigen Weges auf dem Camino Frances gehabt. In Marburg hatte Heinrich wieder alles perfekt vorbereitet. Informationen zur Busverbindung vom Hauptbahnhof zum Hotel Tusculum erreichen uns frühzeitig und die Zimmerbelegung ist natürlich auch bereits erledigt. Am späteren Abend kehren wir noch alle in ein nettes kleines Lokal ein und nutzen diese gemütliche Umgebung, um uns bei Uli und Heinrich ganz herzlich für die vielen Stunden der Vorbereitung und die wieder perfekte Durchführung unserer Pilgerwanderung zu bedanken. Heinrich wird uns Morgen verlassen und den Heimweg antreten.

Der letzte Tag unser diesjährigen Pilgerwanderung am Sonntag, 16.10.22, ist erreicht. Mit dem Zug geht es zurück nach Kirchhain. Hier beginnt unsere letzte Etappe, die uns über 22 km nach Marburg bis zum Ziel in die Elisabethkirche führt. Durch die Fußgängerzone in Kirchhain, vorbei am historischen Rathaus, weiter durch eine schmale Gasse erreichen wir die herrlich gelegene evangelische Stadtkirche. Der evangelische Pfarrer begrüßt vor der Kirche die ankommenden Pfarrangehörigen zu einer Familienmesse. Er ist gerne bereit, uns seinen Segen für den restlichen Weg zu erteilen. Weiter geht es auf ruhigen Wegen Richtung Amöneburg. Amöneburg liegt auf einem Basaltkegel, der steil ansteigend erwandert werden muss. Die Aussicht von hier oben bei herrlichem Sonnenwetter ist beeindruckend. Wenige Kilometer vor Marburg können wir noch eine riesige Herde von Rehen beobachten, die mit großem Tempo auf einem eigentümlichen „Rundkurs“ über Felder und Wiesen unterwegs ist.

Dann ist es bald geschafft. Die ersten Blicke auf Marburg und die Elisabethkirche sind möglich.

Zum Schluss sind wir ein wenig vom Weg abgekommen, sind aber natürlich durch die belebte, sehenswerte Altstadt an unserem Ziel angekommen. Zufrieden und auch ein wenig stolz, haben wir die Ruhe in der Elisabethkirche genossen, die eine beeindruckende Schlichtheit ausstrahlt.

Ein letztes gemeinsames Abendessen im Restaurant Gartenlaube, ein letzter gemeinsamer Rückweg durch die erleuchtete Stadt zu unserem Hotel Tusculum und ein letzter Absacker in einer Kneipe neben unserem Hotel. Dann ist unser gemeinsamer Weg zu Ende. Morgen früh werden wir alle wieder unsere Heimreise antreten.

 

Wir haben eine schöne Woche zusammen verbracht und gemeinsam erleben dürfen. Die Gemeinschaft bestehend aus Rosi Büttemeyer, Henry Danner, Klaus Dyroff, Conny Eckmeyer, Anne Koch, Uli Kryn, Eva Kurucz, Gerda und Lothar Laurs, Klaus Panse, Heinrich Spiegelmacher, Martina Spielberger-Deppe und Claus Weichlein hat hervorragend funktioniert. Na ja, wir kennen uns inzwischen lange genug!

Wegen Krankheit und aus anderen Gründen konnten Karl-Heinz Besler, Elisa Bosl, Irmtraud und Franz-Peter Becker, Elvira und Karl-Rudolf Böttcher, Werner Fichte, Gabi Spiegelmacher, Jürgen Peschel und Birgit Reimertz nicht dabei sein. Wir haben euch arg vermisst.

Den Erkrankten wünschen wir von ganzem Herzen, dass sie bald wieder auf dem Weg der Genesung sein werden.

 

Euch allen ein herzliches Ultreia bis zu einem hoffentlich gemeinsamen Wiedersehen